Kaltakquise kann, soweit sie mit Charme und Kreativität betrieben wird, eine wirkungsvolle Methode zur Leadgenerierung sein. Sie kann allerdings auch potenzielle Kunden abschrecken, vor allem wenn sie schemenhaft und abgedroschen wirkt.
Aber darf man das überhaupt? Einfach so an potenzielle Kunden ohne vorherige Einwilligung herantreten?
Werbung
Zunächst müssen wir feststellen, dass es sich bei der Kaltakquise, also das anlasslose Herantreten an mögliche Kunden, immer um Werbung handelt. So ziemlich jede kommerzielle Kommunikation wird als Werbung angesehen. Die Schwelle liegt extrem niedrig. Die Kaltakquise am Tatbestandsmerkmal des § 7 Abs. 1 UWG “geschäftliche Handlung” zu umgehen, ist folglich kaum möglich.
Die Kaltakquise unter DSGVO und UWG
Auch nach der Einführung der DSGVO ist das größte Hindernis für die Kaltakquise das UWG: Zwar schreiben Art. 5 und Art. 6 der DSGVO vor, dass in den Fällen der Direktwerbung, beinahe immer eine Einwilligung vorliegen muss.
Ausnahmsweise kann aber ein berechtigtes Interesse für die Kaltakquise gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vorliegen. (Beispielsweise kann die Rechtmäßigkeit in anderen europäischen Ländern eine Kaltakquise möglicherweise durch den Erwägungsgrund 47 Satz 7 zur DSGVO berechtigt sein.)
Hierzulande wird das berechtigte Interesse jedoch im Wesentlichen am Maßstab des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gemessen. Dieser untersagt gem § 7 Abs. 2 kategorisch die Kaltakquise gegenüber Verbrauchern ohne Einwilligung und der Kaltakquise gegenüber Unternehmern mittels einer “automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post”.
Email-Werbung
Die klassische Werbung per elektronischer Post enthält die schärfsten Regelungen. Sowohl bei Verbrauchern, als auch bei Unternehmern sollte stets eine Einwilligung erfolgen.
Einwurf per Brief oder Einwurfsendung
Ist erlaubt, wenn davon ausgegangen werden darf, dass Werbung erwünscht ist. Ohne die ausdrückliche Äußerung, dass diese Werbung nicht gewollt ist (bspw. ein Aufkleber auf dem Briefkasten), wird nicht ohne Weiteres gegen das UWG oder die DSGVO verstoßen.
Telefonische Kaltakquise
Die telefonische Kaltakquise im B2C ist verboten. Wenn die Kaltakquise telefonisch B2B erfolgen soll, ist die Rechtslage weniger eindeutig. Ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 DSGVO kann, ergänzt durch § 7 UWG vorliegen. Allerdings nur, wenn diese gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 ohne die mutmaßliche Einwilligung erfolgt.
Mutmaßliche Einwilligung:
Die mutmaßliche Einwilligung besteht laut dem BGH nur dann, wenn aufgrund der Würdigung aller Umstände anzunehmen ist, dass der Anzurufende einen solchen Anruf erwarte oder ihm jedenfalls positiv gegenübersteht. Dafür müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die ein sachliches Interesse des Anzurufenden vermuten lassen.
In diese Beurteilung können folgende Aspekte einfließen
- Bestehende Geschäftsverbindungen
- Branchenüblichkeit der Art der Akquise
- Bekannt gewordenes Interesse
- Dauerhafte Benötigung des angeworbenen Produktes
- Wirtschaftliche Bedeutung des Angebotes
- Individuelle Verhältnisse des Angerufenen
Zusätzlich kommt es noch auf die Verkehrssitte und Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise an.
Aber Achtung! Wenn der Aquirierende sich bezüglich der mutmaßlichen Einwilligung irrt, kann er in Regress genommen werden. Es sollte also sorgfältig abgewogen werden, eine Fehleinschätzung kann unter Umständen teuer sein. Es ist deshalb äußerst empfehlenswert, immer eine Einwilligung einzuholen.
Rechenschaftspflicht der Einwilligung (Art. 5 DSGVO)
Zu beachten ist bei allen Einwilligung außerdem, dass die ausdrücklich erteilten Einwilligungen alle protokolliert werden.
Und immer schön ans Double-Opt-In beim E-Mail-Marketing denken!
Bei der Telefonakquise ist zu beachten, dass das Einwilligungserfordernis etwas schwieriger zu bedienen ist. Denn nur weil jemand per Double-Opt-In die E-Mail Adresse bestätigt, bedeutet es noch nicht, dass diese auch der zu kontaktierenden Telefonnummer zugehört. Hier könnten ggf. Voicefiles mit ausreichender Dokumentation oder eine Schriftliche Einwilligung, mit allen wesentlichen Informationen abhilfe schaffen.
Was blüht bei einem Verstoß
Der Art. 83 DSGVO legt fest, dass einen Verstoß gegen die DSGVO eine Sanktion von bis zu 20 mio € oder 4€ des weltweiten Unternehmensumsatzes bedeuten kann.
Außerdem kann laut Art- 41 BDSG kann ein DSGVO sogar eine Straftat darstellen, die bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe nach sich ziehen kann. Außerdem kann bei Ordnungswidrigkeiten eine Geldbuße von bis zu 50.000€ verordnet werden.
Beachtlich ist auch das neue EuGH Urteil vom 04.05.2023, seit diesem kann nun jeder DSGVO-Verstoß eine immaterielle Schädigung für den Betroffenen bedeuten. Dies berechtigt neben Mitbewerbern und Aufsichtsbehörden ab sofort wirklich JEDEN, einen Anspruch auf Schadensersatz gegen Sie zu stellen.
Fazit:
Nur mit einer Einwilligung bist du wirklich auf der sicheren Seite. Alles andere kann kaum in erhöhter Häufigkeit sowohl sinnvoll und als auch rechtskonform betrieben werden.